Donnerstag, 24. November 2011

es wintert sehr

Mit dem ersten Schneefall - und auch wenn es sich dabei nur um ein paar kleine verirrten Schneeflocken handelt - wird für mich offiziell der Winter eingeleitet. Und an genau diesem Tag wandert meine liebste Übergangsjacke in ihren wohligen Winterschlaf, die wirklich, wirklich warme Bettdecke darf endlich aus ihrem verlängerten Sommerurlaub zurückkehren und leider schaltet an diesem Tag mein Körper auch um auf den ich-fress-mir-jetzt-Winterspeck-an Modus.

Da ich aber jetzt in Shenyang lebe und dies mein erster (Vor-)Winter ist, wird zusätzlich eine neue Phase des Winters für mich eingeleitet: Die humorvolle, durch und durch positive ich-überlebe-diesen-Winter-irgendwie-ohne-als-Ötzi-oder-Kühlerfigur-zu-enden Phase.

Shenyang lässt sich nicht lumpen und glänzt im Winter in einem ganz anderen, eisigen Licht. Der Schneefall vorige Woche hat dieses Licht auch gleich voll und ganz zum Vorschein gebracht und seit dem sehe ich Shenyang ... irgendwie anders. Statt ein paar Flocken - wie es mir vorab von ein paar Einheimischen berichtet wurde - fiel Schnee in Höhe von 15 Zentimetern. Für einen Österreicher ist diese Schneemenge nicht mal der Rede wert. Ganz andere weiße Dimensionen werden von uns gemeistert. Für Shenyang allerdings zählt dies zu einem neuen Rekord und ich zitiere an dieser Stelle eine meiner Professorin: So viel Schnee hat Shenyang noch nie gesehen.

Ich kann das nur bestätigen, da ich als Referenzquelle auf das Verhalten sämtlicher Autofahrer zurückgreifen kann. Taxifahrten werden jetzt zum Erlebnis und zu zeitfressenden Aktivitäten. Winterreifen sind in Shenyang ungefähr so bekannt wie die Tatsache, dass es Taschentücher gibt und so verwandelten sich die Straßen zu einem riesigen Autodrom - Rutschpartien inklusive. Die Geschwindigkeit wird auf ungefähr 20 kmh runtergeschraubt, was auf Grund der nicht vorhandenen Schneeräumgeräte auch ziemlich sinnvoll ist. Und man lernt wieder einmal mehr über seinen Humor und seine Geduld hinauszuwachsen.

Mein Fußweg zur Uni dauert nun 10 Minuten länger, da mein gesamter Weg aus einer einzigen, gigantomanischen Eisplatte besteht. Und anstatt, dass all die Straßen und Fußgängerwege von dem Dreck, der 2 Stunden nach dem Erreichen des Bodens noch als Schnee identifiziert werden konnte, befreit wird, nimmt man die Herausforderung an es auf anderem Wege zu versuchen. Okay ganz stimmt das nicht ... langsam wird jetzt angefangen die Eisschicht verschwinden zu lassen und es gibt in ganz Shenyang eine Straße, die mit Zahnbürsten ähnlichen Geräten in mühevoller Handarbeit (!!! - ja, die Vollbeschäftigung in China kommt nicht von irgendwoher) wieder zum Glanze gebracht wird.

Meine autofahrende Hälfte durfte auch schon mit dem seltsamen Verhalten der Einheimischen Autofahrer auf schneeüberzuckerter Straße Bekanntschaft machen. Ein Chinese fuhr vor ihm auf der schneeglatten Fahrbahn und blinkte nach links. Beim Abbiegen allerdings überschätzte dieser die Fähigkeiten seines Autos und die Gegebenheiten des Winters und legte eine lupenreine 180 Grad Drehung hin. Irgendwie konnte besagter Autofahrer das Geschehen um sich herum nicht so ganz verarbeiten und blickte plötzlich dem Auto meines Mannes auf 'seiner' Spur entgegen. Die einzige, logische Verhaltensweise auf die ein Chinese in diesem Augenblick zurückgreifen würde? Langes, unkontrolliertes Hupen.

Die einzigen Worte, die an dieser Stelle noch zu sagen bleiben? Let it snow, let it snow, let it snow.

Mittwoch, 16. November 2011

ergüsse

Als wir vor kurzem für eine Nacht aus unserer Wohnung flüchten mussten (kein Wasser), wurde mir erst so richtig bewusst, wie anstrengend das Leben im Hotel sein kann.

Gut unumstritten hat es auch seine Vorteile in einem 5 Sterne Hotel untergebracht zu sein. Absolutes Highlight für mich ist jedes Mal das Frühstücksbuffet. Und auch wenn ich das ganze Jahr über wegen Faulheit und extremer Morgenübellaunigkeit (in den ersten 20 Minuten nach meinem Erwachen sollte man nicht mit ernsthaften Diskussionen rechnen, wie zum Beispiel: Hast du Zahnpasta gekauft? Waaaas? Natürlich nicht und frag mich das noch einmal und deine Zahnbürste macht eine Exkursion zum... äh - so in etwa) ein Frühstücksmuffel bin, ändert sich das, sobald ich in einem Hotel einchecke. Und dann ist es auch egal, wenn ich um 6 aufstehen muss, um mich fertig zu machen - die Wichtigste Mahlzeit am Tag sollte schließlich so richtig zelebriert werden.

Doch leider wird meine Liebe zu Frühstücksbuffets hier in China auf eine harte Probe gestellt. Denn das Frühstück geht mit einem fetten Minus einher: dem Ausgesetztsein von Ergüssen. In diesem Fall spiele ich leider nicht auf geistige Ergüsse an...

Denn als ich vor kurzem im Kempinski beim Frühstück saß und gerade meinen vollbepackten Teller vor mir abstellte, fühlte sich der Chinese neben mir bemühseligt seinen gesamten Frühstückskonsum wieder von sich zu geben. Er hatte sich verschluckt und anstatt wie eine Langnase sich um Fassung zu bemühen und die Situation irgendwie 'hinunterzuschlucken', wählte er die chinesische Variante und erklärte den Boden zu seiner Toilette.

Ein etwas unempfindlicher Kellner konnte das ganze Spektakel leider nicht beobachten und tapste dann auch gleich in den Erguss seines Gastes hinein... An dieser Stelle war der Tag für mich dann endgültig gelaufen. Kein einziger Bissen wanderte über meine Lippen. Dass das Frühstück der beste Start in den Tag ist, bezweifle ich.

Dienstag, 8. November 2011

wasser marsch

Unser liebgewonnener Ausblick vom Kempinski.

Der menschliche Körper besteht zu 70 % aus Wasser. Dass ohne Wasser kein Leben möglich ist, wusste ich schon länger. Dass es aber auch dazu in der Lage ist meine Gefühlslage für eine Woche zu bestimmen, war mir neu.

Und alles begann an einem wunderbaren Montag Abend und einem Gang zur Toilette. Denn genau dort ist mir aufgefallen, dass uns plötzlich das Wasser abgedreht wurde. Ein technisches Gebrechen, für das sich keiner verantwortlich fühlte. 24 Stunden später war noch immer kein Wasser da und genau zu diesem Zeitpunkt - und keine Minute später - checkten wir wieder im Kempinski ein.

Zur großen Verwunderung so mancher chinesischer Wohnungsnachbarn und Arbeitskollegen meiner arbeitenden Hälfte. Denn diese verstanden unsere große ... nicht vorhandene Begeisterung nicht, ohne Wasser ein paar Tage auskommen zu müssen. Und auf die Fragen, wie sie sich denn Duschen und den Gang zur Toilette bewältigen würden, wurden uns folgende Antworten gegeben: Nicht duschen und das Verwenden von Plastiksäckchen oder Eimern!

Für mich der absolute Ausnahmezustand! Vor dem Schlafen gehen nicht duschen zu können, ist für mich ein Grund die Nacht durch zu machen. Erschwerend hinzu kommt meine Blase, die die Größe eines Ping-Pong-Balles einnimmt - der Gang zum WC ist für mich bei 4 Litern Wasserkonsum pro Tag eine Art Fitnesstraining. Und unerwähnt sei an dieser Stelle auch nicht mein ausgeprägter ich-wasche-mir-meine-Hände-9-Mal-am-Tag Tick. Alles Dinge, die hier einem Einheimischen nur ein bemitleidenswertes Seufzen entlocken.

48 Stunden später hatten wir wieder Wasser ... und wenn man nochmal 24 Stunden dazu addiert, kommt man genau zu dem Zeitpunkt, in dem ich mir wünschte, wieder ohne Wasser auskommen zu müssen. In diesem Moment stand ich nämlich gerade in der Küche und nahm das Geräusch von einem kleinen Wasserfall wahr.... der sich seinen Weg von der Decke in meine Küchenschränke bahnte. Dank eines Rohrbruches zwei nicht bewohnter Wohnungen über mir, wurde auch meine Küche und der Essbereich überflutet.

Das Wasser wurde wieder abgedreht, die Wasserflecken wurden fotografiert und für das Management ist somit das Thema erledigt. Von Schimmel in den Wänden hat hier noch niemand etwas gehört - oder es interessiert zumindest keinen. Wasser weg - Schaden behoben, lautet hier die Devise. Und zum Trost und für die Unannehmlichkeiten wurden mir heute diese Blümchen überreicht - die natürlich so atemberaubend sind, dass mir die Wasserflecken und die feuchten Wände wie aus meinem Gedächtnis gelöscht erscheinen :D