Donnerstag, 21. Juli 2011

ich bin ein z-promi

Ich habe keine besonderen Fähigkeiten, die mich über Nacht berühmt gemacht haben (die Fähigkeit überall an Ort und Stelle einschlafen zu können, wird leider nicht als 'besonders' eingestuft). Nein - ich habe auch nicht im Lotto gewonnen oder bin durch eine Casting-Show zu fraglichem Ruhm aufgestiegen. Und nein - ich war nicht vor 6 Jahren für 10 Sekunden in einer Soap-Opera als Statist zu bewundern und darf nun Prominente bekochen.

Der einzige Faktor, der mich zum Z-Promi macht, ist die Tatsache, dass ich in China/Shenyang wohne. Shenyang ist eine Stadt, die nicht von 'Westlern' überlaufen ist, wie so manch eine andere chinesische Stadt. Noch dazu ist es eher selten, dass man hier Rothaarige antrifft. Deshalb ist es unmöglich auch nur einen Schritt vor die Tür zu setzen ohne folgende Reaktionen hervorzurufen:

Starren und Glotzen
Mindestens 70 Prozent der Einheimischen starren mich an, wenn ich in ihr Blickfeld gerate. Die Leute bleiben stehen, damit der Kopf dementsprechend nach mir verdreht werden kann (damit man in kein Hindernis hineindonnert - was auch schon mal passiert ist). Oder es wird die Arbeit nieder gelegt, damit ja kein Schritt von mir verpasst wird und Kinder zeigen mit den Fingern auf mich.
Haschen nach Aufmerksamkeit (oder aber auch bekannt als 'das Zirkusäffchen will unterhalten werden')
Diejenigen, die ein paar Brocken Englisch - oder zumindest ein Englisches Wort - beherrschen, schreien es einem entgegen oder nach. 'Hello' ist mit Abstand das beliebteste Wort gefolgt von 'love you' und 'Yiha'. Wenn es mir dann auch noch gelingt, denjenigen auszumachen, der mit mir 'kommuniziert', endet das in kindischen Gelächter und peinlich berührten Wegdrehen.

Bitte lächeln (oder bis in alle Ewigkeit)
Die letzte Kategorie betrifft die ganz Mutigen - ausgerüstet mit Kameras. Mit oder ohne Erlaubnis wird darauf losgeknippst, was das Zeug hält. Dann kann es schon mal passieren, dass man durch die Straßen schlendert, Gelächter hinter sich hört, sich umdreht und jemanden beobachtet, wie er soeben hinter dem eigenen Rücken posiert und ein Freund abknippst. Lieber sind mir aber solche, die mich fragen, ob sie mich fotografieren dürfen - wobei man so auch riskiert, besonders detailverliebten Personen zu begegnen. Das letzte Mal wurde ich 4 Minuten in der Gegend herumgescheucht, bis endlich der passende Hintergrund gefunden wurde.

Auch wenn das alles recht komisch klingt, verliert das ganze Spektakel nach knappen 5 Monaten schön langsam an Witz. Zu Beginn unseres Aufenthaltes war ich von den neuen Eindrücken geflasht, nahm vieles mit Humor und brachte eine große Portion Verständnis mit. Jetzt allerdings verfliegt der Zauber langsam und das Gefühl wie ein Zirkusäffchen behandelt zu werden, nervt immer öfters. Mittlerweile bin ich zu dem Schluß gekommen, dass es ein Promi nicht immer leicht hat. Ausraster vor der laufenden Kamera kommentiere ich mit einem wissenden Lächeln. Die einzige Auswirkung meines Z-Promi-Daseins ist das Gefühl, das tief aus dem Dschungel zu mir dringt, mich gefangen nimmt und mich zwingt zu schreien: Ich bin KEIN Star - holt mich hier raus!!!!!!!!!!!

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