Sonntag, 11. September 2011

besitzanzeigendes nomen (taschenkult)

Zu der Familie der besitzanzeigenden Fürwörter hat sich nun auch ein Nomen dazu gesellt. Und dieses Wort lautet - Trommelwirbel - Tasche. Zumindest wenn es nach den Chinesen (oder besser gesagt den Chinesinnen) geht. Denn wenn man sich für nur 5 Minuten auf die Straße stellt, dauert es auch nicht mehr lange, bis man den ersten Taschenträger entdeckt. Wohlgemerkt handelt es sich dabei jeweils um Damentaschen - und dabei beweisen die vermeintlich männlichen Taschenliebhaber Geschmack.

Aber nicht nur die Taschenauswahl ist grundlegend unterschiedlich, sondern auch das Trageverhalten. Es gibt zum Beispiel männliche Exemplare, die eine perfekte Symbiose mit der Tasche eingehen. Lässig unter die Schulter gequetscht, meistern sie so jeden noch so langen Shoppingmarathon.

Dann gibt es Exemplare, die ihre aufdividierte Damentasche als Fremdkörper ansehen. Ein sehr beliebtes Exemplar auf den Straßen Shenyangs. Auf hilflose Weise wird von dem bemitleidenswerten Pantoffelhelden versucht die Tasche in seiner Hand irgendwie cool aussehen zu lassen, was in Baumel-Trageweisen ausartet. Für mich also der gefährlichste Taschenträgertyp, da man ständig damit rechnen muss, im doch dicht gedrängten Straßenverkehr eine Tasche ins Knie geknallt zu bekommen.

Ein weiteres, eher selten anzutreffendes Exemplar ist das Ich-trage-2-Taschen-auf-einmal Exemplar - besser bekannt unter: der Schleimer. Dieser Tragetyp begeht zum Zeitpunkt seiner Sichtung einen Einkaufsbummel mit den 2 wichtigsten Frauen in seinem Leben: seiner Freundin und der Schwiegermutter in spe. Da es sich hier um eine sehr traurige Ausprägung handelt, überspringe ich weitere Ausführungen und wende mich dem Nächsten zu:

Mein Lieblingsexemplar - das Ich-verliere-meine-Tasche-nicht-nein-meine-Tasche-verlier-ich-nicht Exemplar. Diese männlichen Zeitgenossen halten die ihnen zugeteilte Damentasche innigst mit beiden Händen vor ihrem Oberkörper fest, als ob ihr Leben davon abhinge. Eine nicht zu übersehende Ähnlichkeit mit paranoiden Heimatlosen, die ihr ganzes Hab und Gut in den Händen halten, ist hier nicht abzustreiten.

Der Grund für das ganze Spektakel und die durchaus unterhaltsamen Analysemöglichkeiten, die sich so Tag ein und aus für so manch einen aufmerksamen Beobachter ergeben, ist ein einfacher und wiederum auf den besitzanzeigenden Wert einer Tasche zurückzuführen. Bevor ein Ring an ihren Finger steckt, drücken Chinesinnen ihren Freunden einfach ihre Taschen in die Hand, damit so auch für alle, die ihren Weg kreuzen klar ist: Finger weg! Der Markt muss auf dieses Exemplar verzichten.

Ich kenne mehrere westliche Männer, die sich eine Chinesin geangelt haben (oder war's doch umgekehrt?!) und sich schlicht weg weigern in die Rolle des Taschenträgers zu schlüpfen. Bis jetzt konnte ich erst einen in meinem Bekanntenkreis ausmachen, den ich mit der nicht zu klein geratenen gefakten LV Bag seiner Freundin gesichtet habe. Seine peinlich berührte Betroffenheit versuchte er hinter einen lahmen Erklärung wieder wett zu machen: Ein Einkaufsbummel seiner Liebsten (bei dem er seine Karte ganz schön heiß laufen ließ) sollte so für sie zu einem noch schöneren Erlebnis gemacht werden, um sie nicht dabei zu behindern sein Geld auszugeben.

Für mich ein ganz klares No-Go. Und damit meine ich nicht das Geld seines Liebsten auszugeben, denn auch ich bin seit geraumer Zeit auf diese für mich meistens doch sehr angenehme Einnahmequelle angewiesen. Nein, das fette No-Go setzt sich für mich aus 2 ganz anderen Komponenten zusammen. Zum Einen wären da die outfittechnischen Gründe. Eine Tasche ist kein Accessoire, das man einfach so mal weitergibt. Schließlich wählt man seine Tasche nicht beim Verlassen der Wohnung innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde aus. Die Berufung zum jeweiligen Outfit dauert durchaus länger und das damit einhergehende Umpack-Ritual beansprucht auch mehr Zeit als ein simples Augenzwinckern.

Und dann gibt es da noch einen weiteren für mich nicht unerheblichen Grund für meine Abneigung gegen Taschen-tragende-Männer. Wie männlich kann ein Mann noch sein, wenn er eine Frauenhandtasche in der Gegend herumschleppt? Da reißen ihm dann auch sein 3-Tage-Bart und sein ach so maskulines Parfum nicht mehr raus, um diesen Eindruck vergessen zu machen. Zudem bleibt das Bild eines Pantoffelheldens - und mal unter uns gesprochen: Es muss doch nicht jeder Fremde, der einem auf der Strasse über den Weg läuft, offensiv mitgeteilt bekommen, dass frau zu Haus das Sagen hat. Eine Gewinnerin schweigt und genießt *grins*

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